Allgemeine Informationen zur Mikroanalyse
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Das energiedispersive Spektrometer (EDX)
Zur Interpretation und Auswertung der energiedispersiven Spektren sind Kenntnisse über die Funktionsprinzipien eines EDX nützlich.
Das energiedispersive Detektionssystem hat als Strahlungsempfänger im allgemeinen einen Silicium- Halbleiterdetektor mit einem hochohmigen strahlungsempfindlichen Volumen. Zum Erreichen einer bestmöglichen Energieauflösung werden sowohl der Detektor als auch der Feldeffekttransistor der ersten Verstärkungsstufe gekühlt.
Im Detektor wird jedes absorbierte Röntgenquant in eine Ladungsträger-Lochpaar -Wolke umgesetzt. Es ist eine strenge
Proportionalität der Zahl der Ladungsträger zur Photonenenergie gegeben. Durch die angelegte Hochspannung werden die Ladungsträger gesammelt. Mit einem ladungsempfindlichen
Vorverstärker (VV) wird die Ladungsmenge schließlich in einen Spannungsimpuls umgewandelt. Bei einer Detektorkapazität von ca. 2 pF erzeugt ein 1 keV -Röntgenquant einen Spannungsimpuls von etwa 20 Mikrovolt!
Dieser Impuls wird in einem spektroskopischen Verstärker (SPV) weiter verstärkt, geformt und damit das Signal/Rausch-Verhältnis erhöht. Mit einem Analog-Digital-Converter (ADC) wird jeder Impuls einzeln ausgemessen und dann in einem Impulshöhenspektrum der betreffende Kanalinhalt inkrementiert. Bevor der ADC den Wert misst, muss das Maximum des verstärkten Impulses zur Messung gedehnt werden (Spitzenwertdehner SWD). Wenn der ADC
schnell genug ist, wird die Spitze des Signals bestimmt und der Messzeitpunkt übermittelt, der SWD kann entfallen.
Moderne Systeme setzen in der Digitalisierung der Signale schon vorher ein. Hier wird das Signal schon direkt am Vorverstärker-Ausgang im verstärkten Zustand digitalisiert und dann durch Mehrfachabtastung der Impulshöhe das Signal/Rauschverhältnis digital verbessert (Mittelung). Die analoge Signalformung entfällt.
Im spektroskopischen Kanal werden die Impulse mit einer möglichst langen Formungszeit gefiltert. Das Rauschen
wird unterdrückt um dadurch eine sehr gute Energieauflösung zu erreichen. Röntgenquanten, die kurz hintereinander eintreffen,
werden dann aber nicht mehr unterschieden.
Zusätzliche Einrichtungen in der Impulsverarbeitung (schneller Kanal) erlauben die Erkennung und Ausschließung
jener Impulse, die kurz hintereinander eintreffen und zeitlich in ihrem Wert vom SPV nicht aufgelöst werden können.
Hier wird auch die Impulsdichte bestimmt (IDM).
Im schnellen Kanal ist die Zeitauflösung durch kürzere Formungszeiten (-> Bearbeitungsdauer für jedes Röntgenquant) wesentlich besser. Die Energieauflösung ist dafür schlechter. Die Signale, die kurz hintereinander eintreffen, aber vom spektroskopischen Verstärker nicht unterschieden werden können, werden vom schnellen Kanal erkannt und über ein Tor verworfen (Pile Up -Unterdrückung). Es entsteht eine zusätzliche
Totzeit, die mit der Impulsdichte ansteigt.
Im ADC und MCA (Vielkanalanalysator) werden die Impulse digitalisiert und als Impulshöhenspektrum
abgespeichert. Der zu messende Energiebereich ist in Kanäle aufgeteilt (typische Anzahl 1024). Die Energiebreite
eines Kanals hängt von der Verstärkung ab und beträgt typisch 20 oder 10 eV/Kanal. Aus beiden Werten ergibt sich
der Energiebereich des Spektrums.
Jedes einzelne Röntgenquant wird in der Energie ausgemessen und in den dazugehörigen Kanal sortiert. Das
geschieht, indem die Zahl der Quanten (Impulse) immer im entsprechenden Kanal um 1 erhöht wird. So entsteht ein
Impulshöhenspektrum, in dem die stochastisch gemessenen diskreten Röntgenquanten nach der Energie sortiert und
anschließend gesammelt werden. Das Röntgenspektrum des EDX ist damit eine Häufigkeitsverteilung. Das Spektrum
wächst gleichzeitig in allen Kanälen.
Auf Grund der statistischen Prozesse im Detektor und im Feldeffekttransistor kommt es zu einer
Verbreiterung der natürlichen Linienbreite. Die Halbwertsbreite (HWB) ist abhängig von der Energie der
Röntgenquanten E und entspricht der folgenden Beziehung:
HMBel ist die elektronische Halbwertsbreite, die im wesentlichen durch Feldeffekttransistor, Detektorkapazität,
Detektorströme und Impulsformung bestimmt wird. Der zweite Teil der Beziehung ist der Detektoranteil,
berechnet für einen idealen Detektor aus Si-Material mit einem FANO-Faktor von etwa 0.12. Alle Werte sind in eV
einzusetzen.
Beispiel: elektronisches Rauschen 63 eV:
E
HWB
Auflösungsvermögen
0.5 keV
72 eV
14 %
1.0 keV
81 eV
8 %
5.9 keV
138 eV
2.3 %
10 keV
171 eV
1.7 %
20 keV
234 eV
1.2 %
Spektrenverfälschungen:
In der Abbildung sind die energiedispersiv gemessenen Spektren für monoenergetische Strahlung von 3.0 keV und 4.0
keV logarithmisch dargestellt (am Synchrotron, Doppel-Kristallmonochromator). Neben der eigentlichen Linie kann man im Spektrum jeweils eine Linie im Abstand von etwa 1.75 keV im
niederenergetischen Spektrenbereich finden. Diese Escape-Impulse entstehen durch Ladungsträgersammelverluste
im Detektor genau dann, wenn während der Ionisation ein entstandenes Si K-Strahlungsquant den Detektor verlässt.
Bei doppelter Linienenergie werden in Abhängigkeit von der Impulsdichte aufgestockte Impulse registriert. Diese
sogenannten pile-up-Peaks entstehen, wenn zwei oder mehr Röntgenquanten innerhalb so kurzer Zeitabstände im
Detektor registriert werden, dass auch der schnelle Kanal der Signalverarbeitung sie nicht mehr unterscheiden kann.
Ein kleiner zeitlicher Versatz der Röntgenquanten wird detektiert und verworfen. Wenn die Pile-Up Unterdrückung
nicht funktioniert, wird abhängig vom zeitlichen Versatz dann das erste Signal mehr oder weniger vom zweiten Signal
im spektroskopischen Verstärker 'aufgestockt' und damit verfälscht. Es entstehen Störimpulse zwischen der Energie
der Strahlung und dem Pile-Up Peak.
Auf der niederenergetischen Seite der Vollenergielinie ist eine kontinuierliche Untergrundkomponente (Schelf)
vorhanden, die infolge von Ladungsträgerdiffusion aus den inaktiven Schichten des Detektors in das aktive Volumen
entsteht.
Ein energiedispersiv gemessener Röntgenpeak kann in erster Näherung auf Grund der statistischen Ursachen der
Linienverbreiterung mit einer Gaußform beschrieben werden. Weitere unvollständige Ladungsträger-Sammeleffekte sorgen
für energieabhängige Asymmetriekomponenten (Tail).
Besonderheiten bei der Spektrometrie < 1 keV
Bei Energien von weniger als 300 eV kann es zu Verschiebungen der Peaklagen in Richtung kleinerer Energien
kommen. Hier wird der energiedispersive Detektor nichtlinear.
Ultradünne Fenster, aber auch schon Detektoren mit sehr dünnem Beryllium-Fenster, lassen Elektronen höherer
Energie durch. Eine Elektronenfalle zum Rückhalten hochenergetischer Elektronen beim Einsatz im Elektronenmikroskop
ist zwingend notwendig. Die Elektronenfallen sind mit Permanentmagneten ausgestattet, die die Elektronen aus ihrer
Bahn ablenken. Die Elektronenfalle arbeitet nur bis zu einer bestimmten primären Elektronenenergie (typisch bis
Eo = 30 keV).
Hinweis:
Wenn der Detektor mit dem Entstehungsort der Röntgenstrahlung nicht koaxial sich auf einer Linie befindet, kann die Elektronenfalle sogar Elektronen 'ansaugen'. Dies passiert auch bei falschem Arbeitsabstand Polschuh - Probenoberfläche, wenn die Elektronenfalle falsch ausgerichtet ist!
Rückstreuelektronen machen sich im Spektrum bemerkbar, wenn der Bremsstrahlungsuntergrund im
hochenergetischen Bereich eine untypische Form mit Wendepunkten bekommt (schwerer Fall) oder einfach die
berechnete Bremsstrahlung sich nicht gut am Ende des Spektrums anpassen lässt. Die Analyse wird fehlerhaft für die
Elemente, deren charakteristische Linien vom Elektronenkontinuum beeinflusst werden.
Achtung!
Der schnelle Kanal hat auf Grund der kurzen Impulsformung eine schlechtere Energieauflösung und damit ein
höheres Eigenrauschen. Die Diskriminatorschwelle kann damit nicht so weit wie die Triggerschwelle heruntergedreht
werden. Diese Schwelle steht typisch irgendwo zwischen 500 und 1000 eV.
Das führt dazu, dass
- die Pile-Up Unterdrückung für leichte Elemente prinzipiell nicht arbeitet !
- die leichten Elemente keinen Beitrag zur angezeigten Impulsdichte liefern !
Wenn das Spektrum überwiegend aus Röntgenstrahlung unter 1 keV besteht oder bei sehr langen Meßzeiten ist mit Pile-Up Effekten
(kontinuierliches Pile-Up) zu rechnen. Eine Impulsdichte von möglichst unter 1000 Impulsen pro Sekunde
(empfohlen weniger als 500 cps) ist bei der Spektrenaufnahme einzustellen, um von diesen Störeffekten nicht beeinflusst zu
werden (Fehlinterpretation von vermeintlichen Linien, die in Wirklichkeit Pile-Up Effekte darstellen).
Ironie des Schicksals ist, dass nun der Impulsdichtemesser auch eine falsche (viel zu niedrige)
Impulsdichte anzeigt. Sie meinen mit niedriger Impulsdichte zu messen. In Wirklichkeit haben Sie aber wesentlich höhere
Werte, die Spektrenverfälschungen verursachen können. Die reale gemessene Impulsdichte ist erst nach Ende der Messung
durch Summation aller Impulse im Spektrum und Division durch die Messzeit bestimmbar (unter Berückichtigung der Totzeit erhält man die interessierende Eingangs-Impulsrate).
Diese Mechanismen sind auch dafür verantwortlich, dass ein EDX-Spektrometers ohne Be-Fenster nur sehr begrenzt nutzbar für das Mapping mit hohen Impulsraten ist. Bei hohen Impulsraten ist die Elementverteilung leichter Elemente stark beeinflußt durch Pile-up Efekte (sogar mit Rausch-Impulsen), also allgemein nicht verwendbar. Anderseits beeinflussen alle Pile-Up Ereignisse der Quanten niedriger Energie (der leichten Elemente und aller L- und M-Linien der Elemente mit höherer Ordnungszahl) mit allen anderen charakteristischen Linien der schwereren Elemente das gesamte Spektrum. Ein EDX mit einem Be-Fenster zur Absorption der weichen Röntgenstrahlung ist deshalb die einzige Wahl, um ein Mapping oder Element-Imaging mit hohen Impulsraten durchzuführen.
Weitere Informationen zur Überprüfung des EDX:
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